Dipl.-Ing. (Bau) Horst Fabisch
Text 04/2020: Verminderte Mehrwertsteuer beim Hausbau und bei Bauverträgen
1. Berechnung des verringerten Mehrwertsteuersatzes
Entscheidend für die Berechnung des verringerten Steuersatzes ist der Zeitpunkt der Abnahme.
Das Datum des Vertragsschlusses ist unerheblich, genauso wie der Zeitpunkt der Rechnungsstellung. Für die Mehrwertsteuer kommt es auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung an ‑ stellvertretend dafür steht die Abnahme des Bauwerks. Nur wenn die Bauabnahme der gesamten Baumaßnahme im zweiten Halbjahr 2020 stattfindet, gilt der verminderte Steuersatz. Hat ein Bauherr zuvor bereits Abschlagszahlungen geleistet, die mit 19 % versteuert sind, erhält er mit der Endabrechnung einen Ausgleich.
1.1 Brutto oder netto
Haben die Bauherren und der Hausbauunternehmer im Vertrag einen Bruttopreis vereinbart, z. B. 300.000,00 € incl. Umsatzsteuer, ändert sich aus der Sicht des Bauherrn an dieser Summe nichts.
Handelt es sich bei dem vereinbarten Preis um einen Nettopreis, bzw. ist die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen, kommt der Bauherr in den Genuss des herabgesetzten Steuersatzes.
1.2 Haus- oder Wohnung vom Bauträger
Wer ein neues Eigenheim oder eine Eigentumswohnung von einem Bauträger erwirbt, profitiert nicht von der aktuellen Mehrwertsteuersenkung. Bei dieser Vertragsform baut der Bauträger zunächst auf seinem Grundstück die Gebäude oder die Wohnungen und übergibt sie im Anschluss an die Käufer. Steuerrechtlich sind diese Geschäfte nicht mehrwertsteuerpflichtig. Stattdessen zahlt der Käufer bei einem Bauträger auf das Grundstück und das Haus bzw. die Wohnung die Grunderwerbsteuer.
2. Bauverträge
Ob Bauunternehmer ab dem 01.07.2020 den geltenden Steuersatz von 16 % oder 19 % anwenden müssen, hängt vom Leistungszeitpunkt ab. Wann der Vertrag geschlossen wurde, wie lange die Bauausführung dauert, wann die Rechnung gestellt wird oder wann das Geld beim Unternehmer auf dem Konto eingeht, ist bedeutungslos.
Der Leistungszeitpunkt ist am Bau grundsätzlich der Zeitpunkt der Fertigstellung und Abnahme.
2.1 Architekten-/Ingenieurverträge
Auch für Architekten- und Ingenieurverträge gilt: Zeitpunkt für die Mehrwertsteuerberechnung ist der Zeitpunkt der Fertigstellung und Abnahme.
3. Vorauszahlungen, Anzahlungen oder Abschlagszahlungen
Auch bei Vorauszahlungen oder Anzahlungen für fertige Teilleistungen bleibt der Zeitpunkt entscheidend, zu dem die Leistung fertiggestellt ist. Fällt die Fertigstellung in den Zeitraum der gesenkten Umsatzsteuer, dann ist die gesamte Leistung mit dem niedrigeren Steuersatz von 16 % zu versteuern. Liegt die Fertigstellung erst im Jahr 2021, dann ist die gesamte Leistung mit 19 % zu versteuern.
Im Rahmen seiner Schlussrechnung muss der Unternehmer den jeweils bei der Fertigstellung der Leistung geltenden Steuersatz anwenden und möglicherweise bisher erhaltene Zahlungen korrigieren.
4. Abgeschlossene Teilleistungen
Anders ist die erfolgte Steuerberechnung bei in sich abgeschlossenen Teilleistungen. Wie die vollständig fertiggestellten Leistungen führt auch eine sich abgeschlossene Teilleistung zur endgültigen Umsatzsteuer.
Sind die Teilleistungen bis zum 30.06.2020 ausgeführt, dann gilt für sie 19 % Umsatzsteuer. Für Teilleistungen, die zwischen dem 01.07.2020 und dem 31.12.2020 ausgeführt und fertiggestellt werden, gilt der 16 %-ige Steuersatz.
Bei abgeschlossenen Teilleistungen müssen Unternehmer in ihrer Schlussrechnung die Abschlagsrechnungen nicht korrigieren. Damit eine Teilleistung auch tatsächlich als Teilleistung gilt, sind folgende Voraussetzungen zu beachten:
5. Wer profitiert von dem verminderten Umsatzsteuersatz?
Wem der reduzierte Umsatzsteuersatz letztlich zugute kommt, hängt davon ab, wer der Vertragspartner einer Baufirma ist und welche Vergütungsvereinbarung im Vorfeld getroffen wurde.
Mit Verbrauchern vereinbaren Baufirmen für gewöhnlich Bruttopreise. Der Verbraucher muss den vereinbarten Preis bezahlen und der Bauunternehmer den jeweils geltenden Umsatzsteuersatz an das Finanzamt abführen. Vom reduzierten Steuersatz profitiert in diesem Falle also nur der Bauunternehmer.
Sind Nettopreise zuzüglich der jeweils geltenden Umsatzsteuer vereinbart, was bei Unternehmern untereinander üblich ist, dann ist die Steuersenkung ein durchlaufender Posten. Der Vertragspartner zahlt die geltende Steuer und der Unternehmer führt diese ab.
Bei Nettopreisen verbilligt sich der Endpreis für den Auftraggeber, der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, weil er privater Bauherr oder Bauträger ist. Die eingekaufte Bauleistung wird für sie aufgrund des reduzierten Steuersatzes billiger.
Lehrte, den 17.08.2020