Dipl.-Ing. (Bau) Horst Fabisch
Text 01/2020
Vergabeverfahren in Niedersachsen im Unterschwellenbereich
Sehr geehrte Damen und Herren,
der größte Teil der Vergaben finden im Unterschwellenbereich statt und sind deswegen im Rahmen eines Vergabeverfahrens nicht angreifbar.
Eine Überprüfung des Vergabeverhaltens der ausschreibenden Kommune oder öffentlichen Stelle ist deswegen nur eingeschränkt möglich, weil die Teilnehmer am Bieterverfahren von der ausschreibenden Stelle oft nicht über den Ausgang des Vergabeverfahrens unterrichtet werden. Rechtlich ist dann nur die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach zivilrechtlichen Regelungen möglich, ein schwieriges Unterfangen.
Für Niedersachsen haben sich insoweit deutliche Änderungen und Verbesserungen ergeben. Die öffentlichen ausschreibenden Stellen müssen nunmehr gemäß § 16 NTVergG die nicht berücksichtigten Bieter über die Zuschlagserteilung voll umfänglich unterrichten.
Der Zuschlag darf nicht mehr sofort, sondern erst nach 15 Tagen bzw. 10 Tagen nach Absendung der Information durch die ausschreibende Behörde oder Kommune, erfolgen.
Nachstehend der veränderte Gesetzestext über die Informationspflicht in Niedersachsen:
(1) 1 Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, deren geschätzter Auftragswert den jeweiligen Schwellenwert gemäß § 106 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 GWB nicht erreicht, haben öffentliche Auftraggeber die Unternehmen, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, auf dessen Angebot der Zuschlag erteilt werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über die Wartefrist bis zur Zuschlagserteilung gemäß Absatz 2 in Textform zu informieren. 2 Dies gilt entsprechend auch für Unternehmen, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung im Teilnahmewettbewerb zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die Unternehmen nach Satz 1 ergangen ist.
(2) 1 Der Zuschlag darf frühestens 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Absatz 1 erteilt werden. 2 Wird die Information auf elektronischem Weg oder durch Telefax versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. 3 Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den öffentlichen Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Unternehmen kommt es nicht an.
(3) 1 Die Informationspflicht entfällt in Fällen besonderer Dringlichkeit. 2 Im Fall verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer Aufträge (§ 104 GWB) und aus Gründen der Geheimhaltung können öffentliche Auftraggeber darauf verzichten, bestimmte Informationen über die vorgesehene Zuschlagserteilung mitzuteilen, wenn die Offenlegung den Gesetzesvollzug behindern, dem öffentlichen Interesse, insbesondere Verteidigungs-, Sicherheits- oder Geheimhaltungsinteressen, zuwiderlaufen, berechtigte geschäftliche Interessen von Unternehmen schädigen oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen beeinträchtigen würde.
Mit dieser neuen Regel, die es derzeit nur in Niedersachsen gibt, ist nunmehr ein effektiver Rechtsschutz auch im Unterschwellenbereich möglich.
Bei einer begründeten Sachlage kann die Auftragserteilung nunmehr durch Erlass einer einstweiligen Verfügung verhindert werden. Die Mitbieter sind nicht mehr nur auf den schwierigen Weg eines Schadensersatzverfahrens angewiesen.
Lehrte, den 18.02.2020