Rechtsanwalt

Dipl.-Ing. (Bau) Horst Fabisch

Barsinghausen/Hannover

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Text 03/2019 - Hat der DIN im Zusammenhang mit der Abfassung der DIN 18195 und der neuen DIN 18533 Mängelprobleme verschwiegen?

 

 

OLG Hamm:

 

Bitumendickbeschichtung entspricht nicht den Regeln der Technik

 

 

Am 14.08.2019 hat das OLG Hamm   Geschäfts-Nr. 12 U 73/18   entschieden:

 

1. Die Außenwandabdichtung mittels Kombinationslösung aus WU Betonbodenplatte und kunststoffmodifizierter Bitumendickbeschichtung entspricht für den Wasserlastfall „aufstauendes Sickerwasser“   trotz Konformität mit den Regeln der DIN 18195 6 bzw. DIN 18533   nicht den anerkannten Regeln der Technik.

 

2. Die von der Regelung der vorgenannten DIN ausgehende Vermutungswirkung sieht der Senat, insbesondere aufgrund der Vielzahl der aufgetretenen Schadensfälle als widerlegt an.

 

 

1. Im zugrunde liegenden Rechtsstreit ging es um eine gemauerte Kelleraußenwand auf einer WU-Betonsohlplatte. Die Außenabdichtung gegen „zeitweise aufstauendes Wasser“ erfolgte mit einer kunststoffmodifizierten Bitumendickbeschichtung nach DIN 18195 Teil 6 bzw. der neuen DIN 18533. Zum Rechtsstreit kam es, weil Feuchtigkeit trotz der beschriebenen Abdichtung in den Keller eingedrungen ist.

 

Der beauftragte Sachverständige hat die Auffassung vertreten, dass die Abdichtung mittels kunststoffmodifizierter Bitumendickbeschichtung für den Lastfall „aufstauendes Sickerwasser“ keine geeignete Abdichtungsmaßnahme sei. Eine dauerhafte Verbindung von WU-Beton und Bitumendickbeschichtung in dem kritischen Fußpunktbereich sei nicht gewährleistet.

 

2. Das Gericht hat sich den Ausführungen des Sachverständigen angeschlossen. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Abdichtungsmethode, die Kombinations-lösung aus WU Beton und kunststoffmodizierter Bitumendickbeschichtung, für den Wasserlastfall „aufstauendes Sickerwasser“ trotz der Entsprechung mit der DIN 18195 Teil 6 bzw. der neuen DIN 1855, nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht.

 

Die Vermutungswirkung, dass eine DIN die Regeln der Technik enthält, sei hier widerlegt.

 

3. Die DIN 18195 Teil 6 bzw. DIN 18533 in der vorliegenden Fassung ist vermutlich wider besseren Wissens durch den DIN abgefasst worden.

 

Dem verantwortlichen Normenausschuss war bekannt, dass die vorstehend beschriebene Ausführungsart stark mängelgefährdet ist. 2009 ist eine umfassende Befragung aller öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Fachgebiete „Mängel und Schäden in und an Gebäuden“, „Schäden an Gebäuden“ und „Bauwerksabdichtung“ erfolgt. Die Befragung hat ergeben, dass die Sachverständigen mit großer Mehrheit aufgrund einschlägiger Erfahrungen die Auffassung vertraten, dass es sich bei der streitgegenständlichen Art der Abdichtung um eine für die beiden höheren Wasserlastfälle nicht geeignete Bauweise handelt. Die Zulassung der Abdichtung ist trotz dieser mitgeteilten Bedenken in die DIN 18195 eingeführt worden. Es bestand das Wissen, dass die große Mehrheit der zuvor erwähnten Sachverständigen diese Ausführungsart als mangelhaft bezeichnet hat. Die DIN 18195 konnte damit insoweit keine allgemeine Regel der Technik darstellen. Trotz der erheblichen Bedenken der Sachverständigen ist die Abdichtungsart als „Regel der Technik“ dann auch in die DIN 18533 übernommen worden.

 

Zu erklären ist dies letztlich nur damit, dass die Industrie ihre Interessen bei der Normenherstellung durchsetzen wollte und konnte. Normenausschüsse sind nicht mehr paritätisch besetzt. Sie werden von Interessenvertretern der Industrie dominiert.

 

Gestützt werden die vorstehenden Ausführungen durch den Abschlussbericht des Aachener Instituts für Bauschadenforschung und angewandte Bauphysik vom 14.03.2019. Auf der Seite 8 des Berichtes die technischen Schwachstellen der erläuterten Abdichtung dargestellt. Unter Ziffer 2.3 des Berichtes ist die Kombinationsabdichtung als problematisch eingestuft worden.

 

4. Es ist höchst bedenklich, wenn sich eine Organisation wie der DIN bei der Ausformulierung von technischen Regeln nicht von wissenschaftlichen Kriterien, sondern von Industrieinteressen leiten lässt.

 

Hier sind offensichtlich vorsätzlich, zumindest aber in erheblichem Umfang fahrlässig, begründete Vorbehalte von Fachleuten missachtet worden.

 

Nach Auffassung des Unterzeichners kann sich dadurch auch die Frage der Haftung des DIN stellen. Der einleitend in die technischen Regeln aufgenommene Haftungsausschluss sollte nicht greifen, wenn wider besseren Wissens schadensträchtige Ausführungen in eine DIN aufgenommen und durch diese empfohlen werden.

 

Barsinghausen, den 28.08.2019

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